Geburtstagsgeschenk der Gemeindevertreter und des Bürgermeisters von Rangsdorf: Drastische Erhöhung der Sportstättennutzungsgebühren
Aus dem Nichts heraus haben nach dem 2. Weltkrieg die Männer wie Otto Richter, Helmut Müller, Werner Schubert und Ernst Schaller ihre sportliche Begeisterung auf die Bevölkerung übertragen und gründeten im Juli 1947 die Sportgemeinschaft Rangsdorf. Zum Vorsitzenden wurde Ernst Schaller gewählt. Er war gelernter Schlosser und Elektriker, zog 1926 nach Rangsdorf und war hier selbständiger Elektromeister und wohnte im Spechtweg 2.
Etwa zu gleicher Zeit führte ein damals 22 jähriger Sportlehrer im Januar noch vor der Gründung der Sportgemeinschaft den Handballsport in der Schule ein. Dass sein Name und der Rangsdorfer Handballsport national und international Bedeutung erlangen sollte, konnte der Sportlehrer Erwin Benke zu diesem Zeitpunkt nicht absehen.
Sechs Jahre nach der Gründung der SG Rangsdorf – also 1953- trennten sich die Wege der Handball- und Fußballspieler. Es entstanden zwei Betriebssportgemeinschaften (BSG): die BSG Lokomotive und die BSG Aufbau.
Natürlich spielte auch ein Stück Eigennutz bei der Namensgebung der BSG Lokomotive eine Rolle. Die Handballerinnen, die schon Rang und Namen hatten, mussten Auswärtsspiele in der ganzen DDR bestreiten. Die Spielorte erreichte man ausschließlich mit der Eisenbahn. . Das kostete auch damals Geld, was nicht im Überfluss vorhanden war. Es gab eine praktische Lösung: als Mitglieder einer BSG Lokomotive konnte man Freifahrtscheine der Bahn erwerben.
Also wurde das Zweckmäßige mit dem Nützlichen verbunden und am 15.01.1953 die BSG Lokomotive Rangsdorf aus der Taufe gehoben, deren Vorsitzender Kurt Bohn wurde. Er hat die Geschicke der BSG bis 1956 gelenkt. Leider ist über ihn wenig bekannt. Nach Aussagen von Zeitzeugen soll er Reichsbahnangehöriger im „ Höheren Dienst „ gewesen sein.
Wenige Tage nach der Namensgebung konnte am 08.02.1953 der erste Titel im DDR Handballvergleich verbucht werden. Die Erfolge des unermüdlichen Strebens der Mädchen aus Rangsdorf und ihres Trainers Erwin Benke mehrten sich gerade in den Anfangsjahren. Sie führten binnen 13 Jahren zu nicht weniger als acht DDR- Meistertiteln bei der weiblichen Jugend und zu zwei bei den Frauen. Damit hatte Rangsdorf den Grundstock für seinen Namen als „ handballverrückter Ort“ gelegt.
Heute, nach 60zig Jahren hat sich der Verein zu einem modernen und gesunden Verein entwickelt, der zur Zeit 560 Mitglieder zählt, die in 7 Abteilungen Sport durchführen. Fast 300 Mitglieder sind davon Kinder und Jugendliche.
Ob das nach der durch die Gemeindevertreter und den Bürgermeister von Rangsdorf jüngst beschlossenen neuen Sportstättennutzungsgebührenordnung ( Die MAZ hatte darüber berichtet) noch gegeben ist, kann noch nicht voll eingeschätzt werden. Die überdimensionale Erhöhung der Preise für die Hallen- und Sportplatznutzung teilweise auf das Zehnfache bedeutet letztlich eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge. Nach vorläufigen Berechnungen muss den Sportverein Lokomotive eine finanzielle Mehrbelastung von 30 bis 35.000,00 € pro Jahr stemmen. So wurden die Preise für die Nutzung der Erwin Benke Sporthalle von 2,00 € je Stunde auf 20,00 € erhöht. ( Im Vergleich: die Stunde in der Gymnasiumshalle kostet für gemeinnützige Vereine 12,00 €, also 40 % weniger!)
Der Verein hatte die Rangsdorfer beschließenden Gremien darum gebeten, so zu entscheiden, dass die Preisentwicklungen für die Vereine berechenbar sind und auch genügend Zeit verbleibt die Konsequenzen in den Mitgliederversammlungen entsprechend den demokratischen Gepflogenheiten zu beschließen.
Das ist leider nicht geschehen und die Vereine müssen von heute auf morgen die neuen Preise schultern. Im Eiltempo ohne Vorlauf müssen wir uns auf die neuen Bedingungen einstellen und die demokratischen und vereinsrechtlichen Maßnahmen durchführen.
Und noch etwas trifft den Verein sehr hart.
Eine der wichtigsten Säulen im Verein – auch finanziell- sind die Erwachsenen. Sie sind von den Preiserhöhungen am meisten betroffen. Gerade diese Mannschaften des Hand- und Faustballes haben aber Rangsdorf weit über seine Grenzen und die des Landkreises Teltow-Fläming hinaus bekannt gemacht. Wenn der Erwachsensport eingeschränkt oder nicht weiter geführt werden kann, spricht in Zukunft niemand mehr z.B. vom Rangsdorfer Hand- oder Faustball.
Deshalb hatten wir darum gebeten auch für die Erwachsenen – so wie das für die Kinder und Jugendlichen – vorgesehen ist, Preisrabatte zu beschließen. Auch hier Fehlanzeige.
Anstatt die Gemeindevertreter und Herr Rocher froh sind , in Rangsdorf Vereine zu haben, die Kinder und Jugendliche regelmäßig durch ehrenamtliche Mitglieder betreuen und sie damit nicht auf die Strasse getrieben werden, und auch Erwachsene im Interesse der Gesundheit Sport treiben können, wird die Bedeutung des Sportes in Rangsdorf für die Gesundheit der Bürger völlig unterschätzt. Sport wird in Rangsdorf nach Kassenlage unterstützt und nicht als eine der grundsätzlichen freiwilligen Aufgaben einer Kommune angesehen.
Dennoch geben wir nicht auf und alle Mitglieder sind aufgerufen nach Möglichkeiten zu suchen und diese dem Vorstand vorzuschlagen, wie der Verein trotz der durch die Gemeinde heraufbeschworenen Widrigkeiten weiterhin Sport in hoher Qualität für die Bevölkerung durchführen kann.
Im Vorstand wurden die ersten Schlussfolgerungen gezogen, die u. anderem vorsehen den 60 zigsten Geburtstag des Vereines – ohne finanzielle Mittel auszugeben – zu begehen. Wir bitten dafür um Verständnis, denn die Gewährleitung bezahlbaren Sportes hat Vorrang. Das beste Geschenk zum Geburtstag, das wir uns selbst gestalten, ist solche Maßnahmen zu finden und durchzusetzen, damit es den Verein auch in Zukunft noch geben wird und wir sagen können er ist und bleibt ein gesunder Verein.